standpunkt:


Zukünfte einer nachhaltigeren Wirtschaft, verstanden »als Ausgänge aus jenem Korridor, der die Zivilisierungsrichtung umdreht und Demokratie, Staatlichkeit, Freiheit sukzessive mehr unter Stress geraten lässt« (Welzer & Sommer, 2020), sind denkbare und teilweise bereits erprobte Zukunftsbilder. Zukunftsbilder, bei denen der Wirtschaft und dem Wirtschaftswachstum unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird. Diese Zukünfte werden in einem anhaltenden Diskurs von Politikern, Wissenschaftlern sowie von Vertretern aus Gesellschaft und Wirtschaft kontrovers diskutiert. Sie spiegeln sich aber auch in ganz vielen großen und kleinen Aktivitäten von Unternehmen und Organisationen wieder, die hier exemplarisch nachzulesen sind.


Die Gemeinwohl-Ökonomie etabliert ein ethisches Wirtschaftsmodell. Das Wohl von Mensch und Umwelt wird zum obersten Ziel des Wirtschaftens. Aus diesem Grund sollten GWÖ-bilanzierende Unternehmen Vorteile haben! 



Die Gemeinwohlökonomie (GWÖ) bietet eine Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft. Geld und Märkte sollen den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Es geht nicht mehr um Wirtschaftswachstum, sondern um die stetige Erhöhung des Gemeinwohls. Der Ansatz der GWÖ wurde von Christian Felber initiiert und fußt auf drei wesentlichen Punkten:

 

1. | »Die Lücke zwischen den Werten, wie sie in zwischenmenschlichen Beziehungen gelebt werden und Werten, die in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem gelten, soll geschlossen werden« (Felber, 2018). »Stattdessen soll die GWÖ Kooperationen, Solidarität, Vertrauensbildung und Wertschätzung fördern, auch in der Art wie wir leben, arbeiten und wirtschaften« (Conrad, et al., 2018).

2. | Zudem soll sich das »Wirtschaftssystem stärker an den Verfassungswerten demokratischer Staaten orientieren. Ziel des Wirtschaftens ist hiernach nicht die Maximierung von Gewinn, sondern die Ausrichtung auf das Gemeinwohl« (Felber, 2018).

3. | »Durch die Abkehr von Tauschwerten (Geld) und hin zu Nutzwerten (Befriedigung der Bedürfnisse aller) soll auch die Art und Weise, wie der Erfolg in unserem Wirtschaftssystem gemessen wird, geändert werden. Felber schlägt vor, das Bruttoinlandsprodukt als derzeitigen Gradmesser für wirtschaftlichen Erfolg durch ein Gemeinwohlprodukt (GWP) auf der Ebene einer Volkswirtschaft abzulösen, welches sich als Summe einzelner Gemeinwohlbilanzen (GWB) ergibt, die einzelne Unternehmen erstellen« (Conrad, et al., 2018).

 

Die Gemeinwohlbilanz wird anhand einer Bewertungsmatrix erstellt. Bei der Bilanzierung werden die Grundprinzipien der Gemeinwohlökonomie (Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung) auf alle Anspruchsgruppen eines Unternehmens (Lieferanten, Eigentümer und Finanzpartner, Mitarbeitende, Kunden und Mitunternehmen sowie das gesellschaftliche Umfeld) angewendet. Aus dieser Anwendung ergibt sich eine Gemeinwohlmatrix mit insgesamt 20 Themenfelder, die einzeln betrachtet und anhand eines Punktesystems bewertet werden.

 

»Die GWÖ bietet weitere Ansätze und Instrumente, die nicht nur auf Unternehmungen wirken, sondern auch große gesellschaftliche Relevanz haben« (Conrad, et al., 2018):

  • Rechtliche und wirtschaftliche Vorteile für Unternehmungen mit positiver Gemeinwohlbilanz
  • Gemeinwohlprüfung für die Vergabe von Krediten
  • Verwendung bilanzieller Überschüsse für Investitionen mit sozialem und ökologischem Mehrwert, für die Rückzahlung von Krediten, für Rücklagen (begrenzt), für die Ausschüttung an Mitarbeitende (begrenzt) und für zinsfreie Kredite an Mitunternehmen
  • Einführung eines Maximaleinkommens und die Begrenzung von Privatvermögen, Schenkung und Vererbung zur Angleichung von Einkommens- und Vermögensungleichheiten
  • Reduktion der Erwerbsarbeitszeit auf 30-33 Wochenstunden und die Ausweitung der Gemeinwesensarbeit in der frei gewordenen Zeit

»Im deutschsprachigen Raum unterstützen mehr als 2000 Unternehmen die GWÖ. Rund 500 davon sind Mitglied oder haben bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt« (ecogood, 2020).