Pay-per-Use | Nutzen statt Besitzen


Mehr Nachhaltigkeit bedeutet, die Lebensgrundlagen langfristig lebenswert zu erhalten, die Unternehmungen zukunftssicher zu gestalten und das menschliche Wohlergehen langfristig zu sichern und zu stärken. Es bedeutet, Produkte, Produkte, Leistungen, Lösungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die weniger Ressourcen und Energie verbrauchen und Anreize schaffen, insgesamt weniger Waren und Dienstleistungen zu verbrauchen bzw. zu nutzen.

Aufforderung:


Verkaufen Sie nicht Ihre Produkte, Leistungen oder Lösungen, sondern verkaufen Sie den Zugang und deren Nutzung! Sorgen Sie dafür, dass Kunden die Wirkung ihrer Produkte, Leistungen und Lösungen nutzen zu können, ohne es besitzen zu müssen. 

Erläuterung:


Nutzen statt Besitzen verfolgt das Ziel, die Anschaffungskosten (und damit verbundene Kapitalbindung) sowie die laufenden Kosten nicht auf den Nutzer zu übertragen. Der Nutzer bezahlt ein Nutzungsentgelt, in dem diese Kosten anteilig enthalten sind.

Nutzen statt Besitzen-Modelle zielen nicht darauf ab, den Verkauf zu steigern, sondern deren Nutzung und damit die Haltbarkeit bzw. Langlebigkeit der eingesetzten Waren und Güter zu fördern.

Das Eigentum an den Produkten, Leistungen und Lösungen verbleibt bei den Anbietern oder besser noch beim Hersteller. 

Denkfragen:


Wie könnten Sie Ihren Kunden die Nutzung Ihrer Produkte, Leistungen und Lösungen ermöglichen und ihm den Kauf und die Wartung ersparen?

Wie können Sie hierfür alternative Geschäftsmodelle nutzen, um den Kunden den Zugang zu Ihren Produkten, Leistungen und Lösungen zu ermöglichen (u.a. Betreibermodelle, Contracting, Miete, Leasing, nutzungsabhängige Bezahlung und Outsourcing)?

Umsetzungsbeispiele:


Car2Go: Stadtautos mieten
Canoo: Elektroauto im Monatsabo, jederzeit kündbar
Phillips: "Pay-per-Lux" als "Light as a Service" (u.a. beim Amsterdamer Flughafen Schiphol)
Kunst-mieten.de: Kunstwerke zeitlich befristet mieten
Trilux: LED-Leuchten als Pay-per-Use-Modell
Audible: Hörbücher im Monatsabo
Deutschen Bahn: Call-a-Bike 

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Das Dilemma mit der Langlebigkeit – die Glühlampe:

»Zum ersten Mal eingeschaltet wurde die Glühlampe 1901, und zwar in der Feuerwache des amerikanischen Städtchens Livermore. Seither brennt sie fast ununterbrochen. Mit der Erfindung der Glühlampe wurde ein riesiger, noch vollkommen ungedeckter Absatzmarkt geschaffen. In kürzester Zeit drängten mehrere Fabrikanten auf den Markt des elektrischen Lichts, was dazu führte, dass sich die Qualität der Glühlampe ständig verbesserte. Der Prototyp aus dem Jahr 1881 brannte 1.500 Stunden, und schon 1924 hatten Glühlampen eine durchschnittliche Brenndauer von mehreren tausend Stunden. Damit warf die Weiterentwicklung der Glühlampe ein grelles Licht auf den Schwachpunkt des Geschäftsmodells: den technischen Fortschritt. Löst man nämlich ein Problem allzu perfekt, werden Geschäftsmodell und Unternehmen überflüssig. Das führte bei den Fabrikanten zu begründeter Besorgnis: Würde sich diese Entwicklung fortsetzen, wäre der Markt irgendwann gesättigt. Bald würde niemand mehr neue Glühlampen brauchen. Die führenden Glühlampenhersteller – unter ihnen das US-Unternehmen General Electric, das deutsche Unternehmen Osram, das französische Unternehmen Compagnie des Lampes und das niederländische Unternehmen Philips – reagierten auf das oben beschriebene neue Dilemma, indem sie am 24. Dezember 1924 in Genf heimlich ein Kartell gründeten: das "Phoebuskartell", nach dem griechischen Sonnengott Phoebus Apollon benannt. Es verpflichtete alle anwesenden Hersteller, das technische Design so zu modifizieren, dass die Brenndauer einer Glühlampe von nun an nicht mehr als tausend Stunden Brenndauer betrug. Christian Kreiß bemerkt hierzu in seinem 2014 erschienenen Buch Geplanter Verschleiß: "Geht man davon aus, dass die Brenndauer erfolgreich um 1000–1500 Stunden vermindert wurde, bedeutet dies, dass nach Inkrafttreten des Kartells etwa 400 bis 600 Millionen Glühbirnen jährlich zusätzlich und damit unnötig produziert wurden." Diese Berechnung lässt allerdings das weltweite Wachstum außer Acht. Zieht man auch dieses in Betracht, dürfte die Zahl der unnötig produzierten Glühbirnen in den Jahrzehnten danach (bis heute) ein Vielfaches von 400 bis 600 Millionen Stück pro Jahr betragen haben« (nachzulesen in Material Metters von Thomas Rau und Sabine Oberhuber, 2018).

 

Die Geschichte von der Glühbirne zeigt, warum sich Menschen trotz besseren Wissens und hoch entwickelter Technologien immer schneller wieder von Produkten trennen. Sie werden so gebaut, dass sie schneller kaputtgehen (müssen), um weiteres Wachstum – oftmals zu Lasten der Umwelt – zu ermöglichen. Nutzungsabhängige Geschäftsmodelle können diesen Mechanismus durchbrechen. Sie haben das Potenzial, Win-Win-Modelle zu kreieren, von denen die Unternehmungen, die Nutzer und die Natur profitieren.